Aktuell wird auf vielen gelben Bannern im OT Abterode der Unmut gegenüber der Erhebung von einmaligen Straßenbeiträgen von der neu gegründeten Bürgerinitiative „„Abschaffung der Strabs Meißner“ deutlich gemacht.
Um was geht es konkret:
Das Hess. Ministerium für Wirtschaft, Energie und Wohnen hat im August 2020 die Ortsdurchfahrt Abterode in die Liste der sanierungsbedürftigen Landesstraßen des Landes Hessen aufgenommen und grundsätzlich damit die erforderlichen Mittel für einen grundhaften Straßenausbau bereitgestellt. In diese Liste werden Straßen aufgenommen, die nach ständiger Überprüfung durch Hessen-Mobil als erneuerungsbedürftig eingestuft werden. Da der „Steinweg“ bereits im Jahr 1977 grundhaft neu ausgebaut worden ist, hat die Fahrbahn auch die natürliche Lebensdauer von 30 – 40 Jahren weit überschritten, so dass der Vollausbau berechtigt ist und keine weiteren Unterhaltungsmaßnahmen wie z.B. eine Deckenerneuerung im Hocheinbauverfahren durchgeführt werden. Die Kosten für die Fahrbahnerneuerung werden dabei zu 100 % von Hessen-Mobil getragen.
Nachdem diese Entscheidung von Hessen Mobil getroffen wurde, hat sich die Gemeinde Meißner planerisch auf den Weg gemacht, die Erneuerung der ebenfalls stark beschädigten Nebenanlagen (Gehwege, Straßenbeleuchtung) sowie den Trinkwasser- und den Abwasserleitungen mitprüfen zu lassen. Als Ergebnis dieser Prüfung wurde festgestellt, dass der gemeinschaftliche Ausbau der Landesstraße durch Hessen-Mobil und die Erneuerung der Nebenanlagen (Gehwege u.a.) sowie der Trinkwasserleitung und Abwasserleitung durch die Gemeinde viele Synergieeffekte hat, die die Gesamtkosten zum jetzigen Zeitpunkt wesentlich geringer ausfallen lassen als bei einem späteren separaten Ausbau. Weiterhin kann bei einem Neubau der Straße bzw. Nebenanlagen die Verlegung von leistungsstärkeren Stromleitungen und auch des Glasfasernetzes eingebunden werden, ohne dass es zu einem Flickenteppich kommt.
Daher ist die jetzt geplante Gemeinschaftsmaßnahme mit der Erneuerung der Fahrbahn durch Hessen-Mobil und der Erneuerung der Neben-, Wasser- und Abwasseranlagen durch die Gemeinde die wirtschaftlichste und letztendlich auch kostengünstigste Lösung. Geplant ist die Ausführung der Baumaßnahme nach derzeitigen Stand in einem Zeitfenster von Sommer 2025 bis Frühjahr 2027.
Wogegen protestiert die Bürgerinitiative ?
Der Protest der Bürgerinitiative richtet sich gegen die Erhebung von Straßenbeiträgen, die von den Grundstückseigentümern am Steinweg nach dem aktuell gültigen Satzungsrecht der Gemeinde Meißner zu zahlen wären. Es geht dabei um einen Betrag in Höhe von ca. 330.000 Euro und entspricht 25 % der Gesamtkosten für den Bau der Nebenanlagen (Gehweg u.a.) am Steinweg. Dieser Betrag wird nach Grundstücksgröße und anderen Faktoren auf die jeweiligen Anliegergrundstücke verteilt.
Warum ist die Bürgerinitiative dagegen ?
Die Erhebung von Straßenbeiträgen wird als ungerecht empfunden, insbesondere weil der Steinweg von allen Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Meißner genutzt wird. Die Hauptstraße ist ein Teil der Infrastruktur des Ortes und dient im hohen Maße der Gemeinde und dem Allgemeinwohl der gesamten Bevölkerung. Ferner sind die geplanten Straßenausbaubeiträge eine unzumutbare soziale Härte und eine massive Belastung und erhebliche finanzielle Bürde für die betroffenen Anlieger. Daher fordert die Bürgerinitiative die Abschaffung der Straßenbeiträge in der Gemeinde Meißner.
Wie finanziert sich der kommunale Straßenbau ?
Die Beteiligung der Grundstückseigentümer an einer grundhaften Erneuerung, einer Verbesserung oder einer Erweiterung der Straßen ist im Hessischen Kommunalabgabengesetz geregelt.
Die grundhafte Erneuerung einer Straße bedeutet, dass die Straße komplett erneuert wird. Das beinhaltet den Austausch der alten Fahrbahndecke, die Erneuerung von Entwässerungssystemen, Gehwegen und der Straßenbeleuchtung. Diese Art der Erneuerung ist notwendig, wenn die Straße oder Teileinrichtung so stark beschädigt oder abgenutzt ist, dass eine einfache Reparatur nicht ausreicht.
Bei einer einfachen Reparatur hingegen werden z. B. nur Schlaglöcher in der Fahrbahnoberfläche beseitigt oder defekte Straßenlampen ausgetauscht.
Drei Finanzierungsmöglichkeiten gibt es für den kommunalen Straßenbau:
a) Einmalige Straßenbeiträge
Die Beteiligung der Grundstückseigentümer an der grundhaften Erneuerung der Straßen erfolgt in der Gemeinde Meißner seit 1973 entsprechend § 11 Kommunalabgabengesetz (KAG) und einer kommunalen Straßenbeitragssatzung auf einmaliger Basis.
Das bedeutet, dass Grundstückseigentümer für diejenigen Straßenbaumaßnahmen beitragspflichtig sind, die an der Straße vorgenommen werden, an die ihr Grundstück angrenzt. Dabei kommen relativ hohe Summen zusammen. Deshalb besteht derzeit die Möglichkeit, den einmaligen Ausbaubeitrag über eine Laufzeit von 20 Jahren in Raten über die Gemeinde Meißner zu finanzieren.
Bei einmaligen Straßenbeiträgen ist der Gemeindeanteil abhängig von der Einstufung der zu erneuernden Straße:
25 % wenn die Verkehrsanlage überwiegend dem Anliegerverkehr dient
50 % wenn die Verkehrsanlage überwiegend dem innerörtlichen Durchgangsverkehr dient
75 % wenn die Verkehrsanlage überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient
Der Steinweg dient überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr, so dass der Gemeindeanteil hier 75 % beträgt und der Anliegeranteil 25 %.
b) Wiederkehrende Straßenbeiträge
Um der Tatsache gerecht zu werden, dass nicht nur die Grundstückseigentümer der jeweiligen Straßen diese benutzen und somit belasten, hat das Land Hessen den Kommunen seit 2018 die Möglichkeit geschaffen, Straßenbaumaßnahmen auf ein Abrechnungsgebiet bezogen abzurechnen. Hier soll eine größere finanzielle Gerechtigkeit zwischen Nutzern und Grundstückseigentümern geschaffen werden. Das Abrechnungsgebiet ist dabei der Ortsteil.
Über einen Zeitraum von maximal 5 Jahren werden alle in diesem Gebiet vorgenommenen Straßenbaumaßnahmen zusammengefasst und sämtliche Grundstückseigentümer dieses Gebietes zum Beitrag verpflichtet.
Im Gegensatz zu den einmaligen Beiträgen ergibt sich bei den wiederkehrenden Beiträgen in der Regel eine deutlich niedrigere finanzielle Belastung der jeweiligen Grundstückseigentümer, weil sich die Beitragspflicht auf das gesamte Abrechnungsgebiet (Ortsteil) erstreckt.
c) Abschaffung der Straßenbeiträge
Als dritte Alternative hat das Land Hessen den Kommunen seit dem Jahr 2018 freigestellt, auf die Erhebung von Straßenbeiträgen vollständig zu verzichten. Sie darf dies nur, wenn sie in der Lage ist, die Kosten der Straßenbaumaßnahmen aus ihren allgemeinen Finanzmitteln zu bestreiten. Da die Gemeinde Meißner das nicht kann, wären wir bei einer vollständigen Abschaffung der Straßenbeiträge gezwungen, die Grundsteuersätze zu erhöhen, sodass letztlich alle Bürgerinnen und Bürger die Kosten für den Erhalt des Straßennetzes tragen müssen.
Kann die Situation gelöst werden ?
Das Problem ist die Finanzierung. Ohne die Erhebung der Straßenbeiträge entsteht beim Ausbau der Straße „Steinweg“ ein Finanzierungsloch in Höhe von 330.000 Euro, das dann über Kredite gedeckt werden müsste. Also muss eine Gegenfinanzierung zur Sicherstellung eines gesetzlich verpflichteten Haushaltsausgleichs der Gemeinde gewährleistet sein. Eine Abschaffung der Straßenbeiträge ohne Gegenfinanzierungsvorschlag ist nicht möglich.
Alle 3 aufgezeigten Finanzierungsvarianten haben Vor- und Nachteile für alle Grundbesitzer in unserer Gemeinde. Das macht es so schwierig, einen gerechten Finanzierungsweg für den kommunalen Straßenbau zu finden. Dabei muss man auch berücksichtigen, dass eine solche Entscheidung nicht nur den Ausbau des Steinwegs, sondern auch alle zukünftigen Straßenbaumaßnahmen betrifft und auch die vergangenen Straßenbaumaßnahmen berücksichtigt werden müssen.
Letztendlich geht es darum, über welches Modell der kommunale Straßenbau zu finanzieren ist. Dabei muss aber auch klar sein, dass das nur über Steuern oder Beiträge der Bürgerinnen und Bürger erfolgen kann, da andere Mittel dafür nicht zur Verfügung stehen.
Diese Ausführungen sollen dazu dienen, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger ein Bild darüber machen können, wo die Problematik liegt und was für Veränderungen vorgenommen werden könnten. Ein Bürgerentscheid über den zukünftigen Weg wäre dazu eine demokratische Lösung. Ob das rechtlich möglich ist, wird derzeit gerade geprüft.